Frieden und Demokratie – keine Selbstläufer
Es war ein bewegendes Bild, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel eng umschlungen in Paris des Endes des ersten Weltkrieges gedachten. Zwei Tage zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an den – wie er sagte – Schicksalstag der Deutschen erinnert: der 9. November markiert viele historische Tage, an denen der Frieden und die Demokratie in Europa unerreichbar schienen. Hundert Jahre nach dem Ausrufen der ersten Republik auf deutschem Boden ist die Sorge um Demokratie und Frieden geteilt.
14,5 Prozent der von Civey befragten gut 11.000 Panel-Teilnehmer sehen die Demokratie „auf keinen Fall“ gefährdet, 18 Prozent antworteten jedoch: „Ja, auf jeden Fall“. Und auch bei den Abwägenden zeigt sich die Spaltung: 29 Prozent meinen „eher nein“, nahezu ebenso viele, nämlich 31,1 Prozent sagen „eher ja“.
Einmütiger wird da die schon Anfang November gestellte Frage nach der Stabilität Europas in einer „Ära nach Merkel“ befragt. Während fast die Hälfte, nämlich 46,2 Prozent der befragten fast 15.000 Teilnehmer, glauben, dass Europa „eher“ (29,1%) beziehungsweise „eindeutig“ (17,1%) an Stabilität verlieren werde, erwarten weitere 30,9 Prozent, dass sich die Lage „weder noch“ in die eine oder andere Richtung verändern wird. Nur gut ein Fünftel sieht die Situation „nach Merkel“ positiv.
Dabei sehen zwei Drittel der Deutschen die Europäische Union als „Garant für den Frieden“ auf dem Kontinent. Schon im September hatte Civey diese Frage gestellt und damit das Wort des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker aufgegriffen. Sie meinen, dafür sei die EU „eher“ oder „eindeutig“ notwendig. Ein Viertel der mehr als 21.000 Befragten sieht hingegen die EU „eher nicht“ oder „eindeutig nicht“ als Voraussetzung.
Dabei ist „Wohlstand für alle“ in den Augen der Befragten ebenfalls ein „Garant für den Frieden“. Doch diese Garantie könnte gefährdet sein. Ende September hatten 25.800 Panel-Teilnehmer über die Frage abgestimmt, ob es unsere Kinder nach ihrer Einschätzung einmal besser haben werden. Nur jeder Sechste erwartet eine Verbesserung. Dagegen haben 62,1 Prozent der Befragten die Erwartung, dass es „eher“ oder „deutlich“ schlechter wird.
Das hat Folgen für die politische Stimmung und Stabilität. Schon im August war für 40,1 Prozent der 19.000 Befragten „auf jeden Fall“ klar, dass wirtschaftliche Ungleichheit für das „Erstarken populistischer Bewegungen in Europa“ verantwortlich sei. Mit weiteren 25,9 Prozent die diesem Zusammenhang „eher“ zustimmen, sind es rund zwei Drittel, die dies mehr oder weniger uneingeschränkt so sehen. Der Anteil derer, die das „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ so sehen liegt dagegen nur bei 27,7 Prozent. Frieden und Demokratie, Stabilität und Sicherheit sind keine Selbstläufer. Die Mehrheit der in Deutschland Lebenden sehen einen klaren Zusammenhang zwischen Teilhabe am Wohlstand auf der einen Seite und der Stabilität auf dem Kontinent auf der anderen. Aber mehr und mehr Menschen sehen Frieden und Demokratie gefährdet, weil ihre Voraussetzungen erodieren.