Was wir in 10 Jahren Markt- und Meinungsforschung gelernt haben – Interview mit Janina Mütze und Gerrit Richter

Vor einem Jahrzehnt haben Janina Mütze und Gerrit Richter Civey mit der Idee gegründet, Meinungsforschung neu zu denken – digital, transparent und in Echtzeit. Seitdem hat sich nicht nur das Unternehmen rasant entwickelt, sondern auch die Art und Weise, wie Daten erhoben, ausgewertet und für Entscheidungen genutzt werden. Im Jubiläumsjahr blicken wir mit unseren Gründer:innen zurück: Was haben wir gelernt? Was hat sich verändert? Und welche Rolle spielt digitale Meinungsforschung in einer Gesellschaft im Wandel?

Wie kam es 2015 zur Gründung von Civey und welche Lücke am Markt wolltet ihr mit Civey schließen?

Gerrit Richter:
Die Idee zu Civey entstand, als Debatten in den sozialen Medien immer lauter wurden – voller starker Meinungen, aber oft ohne Repräsentativität. Wir wollten wissen: Was denkt wirklich die breite Gesellschaft? Die klassische Meinungsforschung war uns dafür zu langsam, zu exklusiv und zu wenig digital.

Janina Mütze:
Unser Ziel: Eine moderne, demokratische Alternative schaffen, die datenbasierte Fakten dort liefert, wo Debatten oft vom Bauchgefühl geprägt sind. Civey begann mit einem einfachen Prinzip: Jeder sollte online abstimmen und direkt das Meinungsbild sehen können – schnell, transparent und repräsentativ.

Wie hat sich Meinungsforschung in Deutschland in den letzten zehn Jahren verändert?

Janina Mütze:
2015 wurden nur etwa ein Drittel aller Studien online durchgeführt – ähnlich viele noch per Telefon. Heute finden rund zwei Drittel aller Befragungen in Deutschland online statt. Zum Telefon greift hingegen kaum jemand mehr. Online ist längst Standard geworden.

Was uns bei Civey jedoch weiterhin unterscheidet, ist unser stark automatisierter Ansatz: Wir erheben und analysieren Daten in Echtzeit. Unsere Kundinnen und Kunden erhalten rund um die Uhr verlässliche Einblicke in ihre Zielgruppen und können Entwicklungen sofort nachvollziehen. Unser Anspruch an Geschwindigkeit und Datentiefe treibt uns an – und mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz schreitet die Transformation der Meinungsforschung noch schneller voran.

Wie wichtig ist Technologie für die Meinungsforschung heute? Wie verändern KI und Automatisierung Ihre Arbeit?

Gerrit Richter:
Technologie ist aus der Meinungsforschung nicht mehr wegzudenken. KI wird heute vielfach zur Datenanalyse und -aufbereitung genutzt – das zeigt auch unsere eigene Branchenstudie zu Künstlicher Intelligenz. Doch Vertrauen in Daten entsteht nur, wenn Prozesse transparent und nachvollziehbar bleiben.

Deshalb setzen wir auf hybride Lösungen: Automatisierte Systeme für Tempo und Effizienz – kombiniert mit menschlicher Expertise für Kontext und strategische Einordnung. So sind wir für unsere Kundinnen und Kunden nicht mehr nur der Datenlieferant, sondern ein echter Sparringspartner in Transformationsprozessen.

Welche Rolle spielt Geschwindigkeit in der heutigen Marktforschung?

Gerrit Richter:
Eine sehr große. Trends und Konsumverhalten verändern sich heute in rasantem Tempo – manchmal reicht ein viraler TikTok-Moment, um ganze Kampagnen neu auszurichten. Genauso können Shitstorms oder Debatten innerhalb weniger Stunden die Markenwahrnehmung beeinflussen.

Wenn Studien dann erst Wochen später vorliegen, sind sie oft schon überholt. Deshalb messen wir die Wirkung einzelner Kommunikationsmaßnahmen in Echtzeit – und zeigen gleichzeitig, wie sich das auf Image und Marke auswirkt. So können unsere Kundinnen und Kunden schneller reagieren, fundierter entscheiden und ihre Budgets gezielter einsetzen.

Janina Mütze:
Gleichzeitig merken wir, dass Geschwindigkeit alleine nicht reicht. Für unsere Kund:innen ist es wichtig, dass wir auch beratend an ihrer Seite stehen, die Komplexität ihrer Herausforderung verstehen und sie in ihren Entscheidungen begleiten. Unseren Kund:innen mangelt es in der Regel nicht an Daten. Die Kernherausforderung ist, das Wesentliche aus den Daten abzuleiten. Komplexitätsreduktion wird zunehmend zur Währung.

Was zeichnet Civey heute aus – im Vergleich zu 2015?

Gerrit Richter:
Von Anfang an ging es uns darum, Meinungsdaten automatisiert, repräsentativ und für alle zugänglich zu machen. Dieses Prinzip gilt bis heute – und es funktioniert, weil täglich Hunderttausende Menschen an unseren Umfragen teilnehmen.

Heute begleiten wir unsere Kund:innen aus Branchen wie Automobil, Energie oder Kommunikation als strategische Partner. Unser Anspruch ist es, ihnen jederzeit die besten Entscheidungsgrundlagen zu liefern – faktenbasiert, aktuell und relevant. Und als Beraterinnen und Berater unterstützen wir sie dabei, Zielgruppen neu zu definieren, Kampagnen zu entwickeln oder Marken nachhaltig zu stärken.

Welche Trends werden die Branche in Zukunft prägen?

Janina Mütze:
Es wird immer wichtiger, aus der Datenflut das Relevante herauszufiltern. Wer in kurzer Zeit hochwertige, verlässliche Daten in der richtigen Zielgruppe erheben und verständlich aufbereiten kann, wird die Zukunft der Branche mitgestalten. Gleichzeitig wird Künstliche Intelligenz die Meinungsforschung weiter verändern – etwa durch den Einsatz synthetischer Daten oder noch schnellere Analysen. Dabei steigt der Anspruch an Tempo: Kundinnen und Kunden wollen sofort wissen, was ihre Zielgruppe denkt – sei es zum neuen Produkt oder zum besten Werbekanal. Unser Anspruch bleibt, die Kund:innen in all diesen Veränderungsprozessen bestmöglich zu begleiten.

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